11:02

Guten Morgen, oder auch Mahlzeit, so die letzten 22 km für diesen Weg. 

In diesem Sinne… Buen Camino… euch allen einen gesegneten Weg durch den Tag.

17:27

Santiago 

Abschied von meinem Pilgerstab.

Time to go, ab jetzt bin ich kein Pilger mehr…bis auf weiteres, ich hoffe er wird noch jemand auf seinem Weg begleiten.

Es ist Zeit ihn, den ich die ganze Zeit in der Hand hatte, loszulassen… Danke für die wunderbare Zeit 

Buen Camino

Nun lieg ich hier in meinem Hotelzimmer und der letzte Tag ist vorbei.

Aus meinem Fenster kann ich die beleuchtete Kathedrale sehen und da ist Frieden in mir.

Die letzte Nacht war kalt und es ist Zeit heim zu fahren. Die Nächte sind nichts mehr für meinen dünnen Schlafsack. In 3 Wochen muss der dickere mit sonst wir das nix. 

Das Zelt hab ich mal wieder nass eingepackt und dann ging es los au die letzten 22 km. Frühstück in der nächsten Stadt und Akku laden… das leidige Thema… zum Abschluss gab es in der übernächsten Bar nochmal Arbeit. Eva, eine Pilgerin aus Ungarn saß mit zwei deutschen an einem Tisch und massierte sich die verbundenen Füße. Ja, soll ich sie fragen ob sie Hilfe braucht? Wir kennen uns nicht und ich hab nur das Gefühl das ich helfen kann, also hab ich eine Erdung gemacht und mein Feld gefragt und natürlich kam „ja frag“.

Fremde Menschen fragen, egal wonach, is nich so mein Ding auch wenn ich sonst nicht auf den Mund gefallen bin. Da stellt mir mein Feld nochmal eine Aufgabe und die so Gefragte ist erst unsicher und freut sich dann doch sichtlich, ja zu sagen. Also gibt es eine Fußmassage mit Feldlesen und siehe da… was mir ihre Füße sagen versteht die sofort. Die soll ihr eigenes Tempo finden und nicht versuchen mit den beiden Männern Schritte zuhaltend. Wie auch im Leben ist sie nicht gut zu sich und verlangt zu viel von ihrem Körper. Als ich das sage nickt sie und sagt das sie das kennt. Es gibt noch paar Infos für den Weg, Heilzeichen und das sie heute noch max. 10 km laufen kann wenn sich ihre Füße erholen sollen. Es ist immer noch komisch wenn ich das mache, ich weiß das es immer funktioniert aber auf die Frage ob ich Heiler bin stammle ich drum rum.

Ich heile nicht, ich weiß nur wie ich den Körper beim heilen unterstützten kann… Was ich bin weiß ich immer noch nicht wenngleich Wegbereiter nach wie vor passend klingt und all das was ich in meinem Bauchladen so anzubieten habe, klingt ganz schön gewaltig als ich es auf Anfrage aufzähle.

Jedenfalls kann sie jetzt deutlich besser laufen und die Massage hat sie trotz der bearbeiteten Schmerzpunkte genossen… ja das macht mir Spaß. 

Der weitere Weg ist voll von Gedanke und im Kopf schreib ich schon wieder was für euch.

Ach eine Sache muß ich noch erzählen… vorgestern dachte ich dran das eine Sache die mich seit Jahren begleitet noch nicht passiert ist, aber heut geschieht es wieder… da ich ja zurück laufe, treffe ich viele Pilger die zum Kap gehen… einer sieht mich von weitem und ruft etwas das ich nicht verstehen kann… als er näher kommt ruft er nochmal „Xesus“(Jesus), das passiert mir seit Jahren und inzwischen freu ich mich drüber.

Wir lachen beide… schön das Menschen denken das er so aussah wie ich und ich muss sofort wieder an die Amerikanerin denken, die in der Kathedrale von Conques in Frankreich völlig aus dem Häuschen war als sie mich am Altar sitzen sah und fragte ob sie ein Foto von Jesus machen kann. Das hab ich inzwischen oft erlebt.

Abgefahren… das Erlebnis hat mich auf die Idee gebracht demnächst mal über ihn zu schreiben, denn tatsächlich gibt es da eine tiefe Connection die allerdings mit der Kirche gar nichts zu tun hat. 

Auf den letzten km läuft der Film dieses Camino nochmal und ich verstehe das es nichts zu tun gibt. Wenn ich Zeit für mich brauche gibt sie mir der Weg und auf einmal hab ich, der ich immer gerne im Austausch bin, keine Lust auf Menschen und umgehe schon fast den Kontakt, schlafe im Zelt und setz mich in der Bar alleine an den Tisch, genau so normal, wie ich in den letzten Jahren fast immer in Begleitung war… und auf einmal geschehen Dinge die ich mir im Trubel des Alltags gewünscht habe und hier in der Stille kommen Sie… ich habe eine Vision für die nächste Jahre… für den Rest meines Lebens.

Danke. 

Zwei Km vor dem Ziel taucht plötzlich die Kathedrale wie aus dem Nichts vor mir auf und mir wird bewußt das es daß jetzt wirklich gleich war und ich bereite mich auf den Abschied von meinem Stab vor. Eigentlich wollte ich die auf dem Weg gesammelten Federn am Kap fliegen lassen. Da aber das Kap selbst wegen Regen und Verspätung meinerseits ausgefallen ist, sind sie noch da und da sie meine Tage hier begleitet haben stehen sie symbolisch für meine Erkenntnisse und als solche dürfen sie mit nach Hause. Der Stab aber bleibt hier, alleine der Transport würde 40 Euro kosten und es ist eine wunderbare Übung im loslassen, zumal ich ihn 3 Wochen lang fest gehalten habe… neuer Weg, neuer Stab, neue Geschichte. Den Ort an dem er stehen soll weiß ich schon seit paar Tagen und deshalb noch paar Worte in Englisch…  und Abschied… beim schreiben kommen dann auch paar Tränen, das geht in Ordnung wenn man einen Freund verlässt. Es ist ein kraftvoller Stab und die eingeschnitzten Runen werden dem nächsten Besitzer spannende Stunden verschaffen. Am Abend treffe ich mit einem Franzosen und einem Engländer zum quatschen. Der Engländer ist mit dem Fahrrad 4000 km gefahren und der Franzose gefühlt 2500 km von der belgischen Grenze (auch mit dem Rad) eigentlich mein erster längerer Fremdkontakt, aber auch hier wird es mir irgendwann zu viel Input und ich zieh mich zurück… Stille ist gerade meins.

Morgen Nachmittag geht der Flieger und ich hoffe ich finde noch einen Barbier der mich frei schneidet, sonst weiß meine Liebste morgen nicht wo sie hin küssen soll, wobei mir der lange Bart ausgesprochen gut gefällt. Mal gucken. Da ich morgen sicher viel Zeit haben werde, gibt es bestimmt ein Resümee der Reise… also… es ist noch nicht vorbei

Aho

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